Geschäftsführerhaftung

Die Geschäftsführerhaftung in der GmbH

Haftungsrisiken & -beschränkung, Innen- & Außenhaftung, im Insolvenzverfahren und Fristen

Als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) hat man große Verantwortung, die mit zahlreichen Rechten und Pflichten einhergeht. In dieser wichtigen Position ist es unabdingbar, seine Haftungsrisiken in den verschiedenen Phasen von der Gründungsphase über den laufenden Geschäftsbetrieb und die mögliche Krise bis hin zum Ausscheiden aus der GmbH genau zu kennen.

Was ist die Geschäftsführerhaftung?

Unter Geschäftsführerhaftung versteht man im Allgemeinen die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für seine Pflichtverletzungen. Diese wird in § 43 des Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG, auch: GmbH-Gesetz) festgesetzt. Da es sich bei einer GmbH um eine Handelsgesellschaft handelt, finden in der GmbH Haftung auch die Regelungen des Handelsgesetzbuches (HGB) Anwendung. Auch Paragraphen der Abgabenordnung (AO), der Insolvenzordnung (InsO), des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Strafgesetzbuches (StGB) können in bestimmten Fällen der GmbH Haftung von besonderer Relevanz sein. Seit Januar 2021 spielen auch Änderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) eine entscheidende Rolle im Rahmen der Geschäftsführerhaftung.

Haftungsbeschränkung der GmbH

Vor der Eintragung ins Handelsregister zählt eine Gesellschaft als GmbH in Gründung. Dieser Status ist für die Gründer mit großem Risiko verbunden, weil sie in dieser Zeit noch unbegrenzt mit ihrem Privatvermögen haften.
Sobald die Gesellschaft im Handelsregister verzeichnet ist, entsteht mit Leistung des Stammkapitals die für die GmbH namensgebende beschränkte Haftung. Sofern Gesellschafter und Geschäftsführung ihren unternehmerischen Pflichten nachkommen, haftet ab diesem Zeitpunkt das Gesellschaftsvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Höhe des Gesellschaftsvermögens ist im Handelsregister festgeschrieben.

Die GmbH zählt zu den Kapitalgesellschaften. Aus diesem Grund gilt eine GmbH als juristische Person, hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und verfügt damit über verschiedene Rechte und Pflichten.
Rechtlicher Vertreter einer GmbH ist die Geschäftsführung. Trifft die Geschäftsführung das Unternehmen betreffende Entscheidungen, werden diese somit der Gesellschaft zugeordnet.

Wann haftet ein GmbH Geschäftsführer persönlich?

Grundsätzlich muss ein Geschäftsführer das Unternehmen nach § 43 GmbHG mit der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes” führen. Er muss dabei stets im Interesse der GmbH handeln und Schaden vom Unternehmen abwenden. Er kann und darf nach eigenem Ermessen gewisse geschäftliche Risiken eingehen, da diese prinzipiell Bestandteil unternehmerischen Handelns sind. Dabei wird allerdings von ihm erwartet, dass er vorab im “angemessenen Umfang” Informationen einholt, etwa durch entsprechende Berater.

Grundsätzlich lassen sich 4 Phasen von Pflichten und Haftungsrisiken für GmbH Geschäftsführer unterscheiden:

  1. Pflichten in der Gründungsphase
    z.B. Gewerbeanmeldung, Einrichtung einer Buchhaltung
  2. Haftungsrisiken während des GmbH-Betriebs
    z.B. Form- und Fristvorschriften bei Einberufung der Gesellschafterversammlung, Wettbewerbsverbot, Durchführung von dem Gesellschaftszweck widersprechenden Geschäften
  3. Haftungsrisiken in der Krise
    z.B. wegen verspäteter Stellung des Insovenzantrags oder Verletzung der Insolvenzantragspflicht, aber auch allgemeine Straftatbestände wie Betrug und Untreue §§ 263, 266 StGB
  4. Nachhaftung des Geschäftsführers
    Ehemalige Geschäftsführer können im Sinne des § 43 Abs 4 GmbHG noch 5 Jahre nach ihrem Ausstieg für Schäden aus der Zeit ihrer Tätigkeit haftbar gemacht werden. Ansprüche der Gesellschafter gegen einen ehemaligen Geschäftsführer können sogar bis zu zehn Jahre nach Schadenseintritt verfolgt werden (vgl. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB)

Der Geschäftsführer einer GmbH vertritt diese nach innen und außen. Hat er gegen rechtliche Pflichten gegenüber der Gesellschaft oder Dritten verstoßen, kann er persönlich mit seinem privaten Vermögen haftbar gemacht werden. Hierbei wird zwischen Innenhaftung und Außenhaftung unterschieden.

Innenhaftung in der GmbH

Im Allgemeinen liegt ein pflichtwidriges Verhalten im Rahmen der Haftung im Innenverhältnis oder Innenhaftung vor, wenn:

  • eine organschaftliche Pflicht des Geschäftsführers verletzt wird
  • dies schuldhaft geschehen ist, also mit Vorsatz oder fahrlässig
  • ein Zusammenhang zwischen seiner Pflichtverletzung und dem entstandenem Schaden (Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens) besteht
  • der Beweis des ersten Anscheins von der GmbH vorgelegt wird und der Geschäftsführer seine Unschuld nicht belegen kann

Bei mehreren Geschäftsführern haften diese in der Regel solidarisch. Es gibt jedoch auch einige Sonderfälle der GmbH Haftung. So haftet ein Geschäftsführer beispielsweise nicht, wenn seine Handlung einer wirksamen Gesellschafterweisung folgt, da er an diese gesetzlich gebunden ist. War die Weisung jedoch nicht wirksam, kann er dennoch haftbar gemacht werden. Hat die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer trotz erkennbarer Schadensersatzansprüche entlastet, kann eine Haftung ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen entfallen (§ 46 Nr. 5 GmbHG).

Außenhaftung in der GmbH

Unter der Haftung im Außenverhältnis oder Außenhaftung versteht man Haftungsansprüche gegenüber außenstehenden Dritten. Dazu zählen unter anderem Gläubiger oder das Finanzamt. Die Pflichtverletzung des Geschäftsführers ist vom Anspruchsführer nachzuweisen.
Typische Fälle der Außenhaftung des Geschäftsführers sind beispielsweise:

  • fehlende Abführung von Sozialabgaben (823 Abs. 2 BGB, § 266a StGB)
    z.B. Einbehaltung und Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge
  • Nichterfüllung steuerlicher Pflichten (§ 34 AO, § 60 AO)
    z.B. Pflicht zur Einbehaltung und Entrichtung der Steuern
  • Insolvenzverschleppung (§ 823 Abs. 2 BGB, § 15a Abs. 1 InsO)

Geschäftsführerhaftung im Insolvenzverfahren

Im Angesicht einer möglichen Insolvenz verändern sich die Pflichten eines Geschäftsführers. Es entstehen neue Haftungsrisiken, über die sich viele vorab keine Gedanken machen.

Regelungen nach § 64 GmbHG aF

Der § 64 GmbHG wurde eigentlich durch das SanInsFoG mit Wirkung zum 01.01.2021 aufgehoben. Er behält jedoch seine Gültigkeit im Insolvenzverfahren, welche vor diesem Datum eröffnet worden sind und dürfte sogar für Zahlungen gelten, die bis zum 31.12.2020 geleistet worden sind, auch wenn das Insolvenzverfahren erst später eröffnet wurde oder wird.
Nach § 64 GmbHG sind Geschäftsführer “zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden”. Dies beinhaltet auch Zahlungen an Gesellschafter, wenn diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen. Eine Einschränkung wird in Abs. 2 formuliert: Sind die Zahlungen “auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar” und eine drohende Zahlungsunfähigkeit “nicht erkennbar”, kann der GmbH-Geschäftsführer nicht haftbar gemacht werden.

Ein Ersatzanspruch wird in § 43 Abs. 3 und 4 GmbHG definiert:
Hat der Geschäftsführer gegen das Auszahlungsverbot § 30 GmbHG verstoßen, indem er Ausschüttungen an die Gesellschafter getätigt hat, obwohl dadurch eine Unterbilanz entsteht oder eine bestehende Unterbilanz vergrößert wird, ist er der GmbH zum Schadensersatz verpflichtet. Dies gilt auch, wenn er die Auszahlung nicht selbst getätigt, aber seine Überwachungspflicht gegenüber dem Handelnden verletzt hat.

Regelungen nach § 823 Abs. 2 BGB und §15 a und 15b InsO

Für Insolvenzanträge seit dem 01.01.2021 gilt statt des bisherigen § 64 GmbHG die Regelung nach § 15b InsO.
Hier ist festgeschrieben, dass Geschäftsführer nach dem Eintritt der Insolvenzreife – also Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – keine Zahlung mehr für die GmbH vornehmen dürfen. Der Begriff “Zahlungen” umfasst hierbei auch etwa Forderungsverzichte und Einzahlungen auf debitorische Konten (dauerhaft überzogene Konten mit Schuldzinsen).

Eine Ausnahme bilden sogenannte “privilegierte Zahlungen”: Wurden innerhalb der üblichen Insolvenzantragsfrist von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung entsprechende Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung des Insolvenzantrags “mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betrieben”, sind bestimmte Zahlungen gestattet. Dazu zählen gemäß § 15b Abs. 2 InsO Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, insbesondere zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, erfolgen. Beispiele dafür sind laufende Energiekosten und Zahlungen zur Erstellung eines Insolvenzantrags oder Sanierungskonzepts.
Auch Zahlungen im Zeitraum zwischen der Stellung des Insolvenzantrags und der Insolvenzeröffnung sind nach § 15b Abs. 2 S. 3 InsO gestattet, wenn sie mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgen. Im Gegensatz dazu sind Zahlungen nach Ablauf der Antragsfrist gemäß § 15a InsO in der Regel nicht gestattet und der Geschäftsführer muss dafür haften.
Ist den Gläubigern ein geringerer Schaden als die Höhe der zurück zu gewährenden Zahlung entstanden, haftet der Geschäftsführer nur in dieser Höhe, sofern er dies in einem späteren Prozess beweisen kann.

Auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann sich der Geschäftsführer auf eine sehr genaue Prüfung möglicher Ansprüche gegen ihn durch den eingesetzten Insolvenzverwalter einstellen.

Insolvenzverschleppung

Kommt der GmbH-Geschäftsführer der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags unrichtig, zu spät oder gar nicht nach, ist meist der Tatbestand einer Insolvenzverschleppung gegeben. Vermeiden lässt sie sich nur durch rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags oder rechtzeitige Zuführung neuen Kapitals. Insolvenzverschleppung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Gleichzeitig tritt die Insolvenzverschleppungshaftung ein. In diesem Fall kann der Geschäftsführer mit seinem persönlichen Vermögen für Zahlungen der Gesellschaft für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife haftbar gemacht werden. Infolgedessen kann es sogar zu einer persönlichen Insolvenz des Geschäftsführers kommen.

Besondere Haftungsrisiken

Ein besonderes Haftungsrisiko trifft Einzelunternehmer, Freiberufler und Gesellschafter einer Personengesellschaft. So wird bei Verletzung der besonderen steuerlichen Pflichten oder dem Vorenthalten von Arbeitnehmerentgelten zur Sozialversicherung in einem Insolvenzverfahren für die betreffenden Summen keine Restschuldbefreiung erteilt. Zudem bestehen im Zusammenhang mit insolvenzspezifischen Straftaten erhebliche Risiken für die Betroffenen. Eine Restschuldbefreiung kann in diesen Fällen sogar gänzlich versagt werden.

Verjährungsfristen der Geschäftsführerhaftung im Insolvenzverfahren

Die Geschäftsführerhaftung im Insolvenzverfahren unterliegt verschiedenen Verjährungsfristen:

  • Verjährungsfrist für Ansprüche im Zusammenhang mit der Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 4 GmbHG
    5 Jahre nach dem Schadensereignis
  • Verjährung der GmbH-Geschäftsführerhaftung nach & 15b InsO
    5 Jahre ab Entstehung des Anspruchs, also ab Durchführung der jeweiligen verbotswidrigen Zahlung, unabhängig von einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Kenntnis des Gläubigers
  • Verjährung des Anspruchs der Insolvenzverschleppungshaftung nach § 195, § 199 Abs. 1 BGB
    3 Jahre ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis, soweit keine Sonderregelungen greifen
  • Verjährung einer Insolvenzverschleppung
    5 Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), absolute Verjährung nach 10 Jahren (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB) bei Fristbeginn nach Beendigung der Tat (§ 78a StGB)

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