Veröffentlichung in der Frankfurter Allgemeine – Verbraucherzentrale Bremen meldet Insolvenz an

Zu der Arbeit der Verbraucherzentralen gehört auch die Beratung von Schuldnern,

besonders wenn die Insolvenz droht.

Nun braucht die Verbraucherzentrale Bremen in eigener Sache selbst Beratung.

 

„Germania ist insolvent“ prangt deutlich auf der Startseite der Verbraucherzentrale Bremen. Eher versteckt unter den Pressemitteilungen und dem Titel „Zur Situation der Verbraucherzentrale Bremen e.V.“ findet sich der Hinweis auf die eigene Insolvenz. Man habe eine Restrukturierung in Eigenverwaltung initiiert, um sich mithilfe eines Insolvenzplans wirtschaftlich neu aufzustellen und in erheblichem Umfang drohende sozialversicherungsrechtliche Ansprüche der Altersversorgung abzuwenden.

Die Verbraucherzentralen haben die Aufgabe, die Interessen der Verbraucher und Verbraucherinnen politisch und rechtlich zu vertreten sowie diese zu informieren und zu beraten. Organisiert sind die auf Landesebene als Vereine, die und in der Dachorganisation Verbraucherzentrale Bundesverband  zusammengeschlossen sind.

Aufgrund der geringen Größe des Bundeslandes ist die Bremer Verbraucherzentrale eine der kleinsten Zentralen. 2017 hatte sie 19.238 Beratungen durchgeführt, in etwa so viel wie im Jahr davor. Nachdem 2016 vor allem der Widerruf von Immobiliendarlehen“ eine große Rolle gespielt hatte, wurden 2017 vor allem Beratungsangebote im Bereich von Finanzen und Versicherungen (26 Prozent) sowie Ernährung stärker nachgefragt. Der größte Teil der Beratungen entfiel auf allgemeine Fragen des Verbraucherrechts. Ob sich dies von anderen Verbraucherzentralen deutlich unterscheidet, ist schwer zu sagen, da der Ausweis nicht einheitlich erfolgt.

Zu viel Betriebsrente zugesagt

Grund für den Insolvenzantrag sind nicht ausreichend versicherte Verpflichtungen, die sich auf die Beschäftigungsverhältnisse auswirken. Arbeitsrechtliche Inhalte im Rahmen des Sanierungsverfahrens neu geregelt werden. Deutlicher schreibt es die Zeitung „Weser-Kurier“: Die Verbraucherzentrale habe Fehler in Arbeitsverträgen gemacht.

Mitarbeiter seien offenbar vor Jahren dem falschen Versorgungsanbieter zugeordnet worden und hätten dadurch nun Anspruch auf mehr Geld, als ihnen zugestanden hätte. Die Verbraucherzentrale habe jedoch offenbar nur das Geld für die Betriebsrente zurückgestellt, was den Mitarbeitern zugestanden hätte. Zur Höhe dieser Altlasten habe sich niemand von der Verbraucherzentrale äußern wollen.

Entlassungen seien nicht geplant, Gehälter und Beratungsangebot gesichert, heißt es von der Verbraucherzentrale. Mit den Beteiligten sei man im Gespräch und suche im Interesse aller nach Lösungsmodellen. „Wir sind zuversichtlich, dass die Verbraucherzentrale gestärkt aus dieser Restrukturierung hervorgehen wird und ihren Auftrag, allen Bürgerinnen und Bürgern im Land Bremen eine anbieterunabhängige Verbraucherberatung anzubieten, auch in Zukunft erfüllen wird“, sagte der Vorsitzende des Verwaltungsrats, Tim Voss.

Auslaufende Förderungen für Bundesprojekte wie „Finanzmarktwächter“ spielten keine Rolle. Die Verbraucherzentrale verbuchte nach eigenen Angaben 2017 Einnahmen von etwa 2,1 Millionen Euro. Davon kamen 56 Prozent durch Projektmittel vom Bund, 19 Prozent durch Zuwendungen von Bund/Land, eine institutionelle Förderung von 14 Prozent und eigene Einnahmen von 10 Prozent.

Der Berliner Rechtsanwalt Olaf Schubert und der Insolvenzberater Christian Matiebel begleiten den Vereinsvorstand als Experten für Sanierungsberatung durch das Verfahren. Rechtsanwalt Moritz Sponagel von der Kanzlei Sponagel wurde vom Amtsgericht Bremen zum vorläufigen Sachwalter bestellt.

Von Martin Hock   © Frankfurter Allgemeine Zeitung